Jahrgangsstufe 11 (4)

Texte und Autoren

Cicero: eine Rede
    (in Auswahl), z.B. Pro Sex. Roscio Amerino, In Verrem, De imperio Cn. Pornpei, In Catilinam,
    Pro Archia poeta, Pro Milone, Pro Ligario, Orationes Philippicae;
   ergänzend auch Texte zur Theorie der Rhetorik

Sallust
    Catilina oder Jugurtha (in Auswahl);
    Überblick über das jeweilige Werk

Catull (auch als Interimslektüre)
    Lesbia-Gedichte, z.B. c. 2, 5, 43, 51, 70, 72, 85
und
Martial (auch. als Interimslektüre)
    Auswahl von Epigrammen zum Thema "zwischenmenschliche Beziehungen"

Briefliteratur
themenorientierte Auswahl (z.B. aus der Korrespondenz Ciceros, aus Plinius, Ovid, aus christlichen Briefen)
oder
christliche, mittelalterliche, humanistische Texte
ausgewählte Abschnitte zur christlichen Glaubens- und Lebenspraxis, zu geschichtlichen Ereignissen und Entwicklungen, zu wissenschaftlichen, kulturellen und sozialen Fragen, z.B. von Minucius Felix, Augustinus, Hieronymus, Laktanz, aus Märtyrerakten, Hymnen und Sequenzen, Vagantenliedern, Chroniken, von Aventinus, Petrarca, Hutten, Erasmus
oder
Vergil: Aeneis
Überblick über das Werk;
Prooemium; für eine thematische Lektüre geeignete Abschnitte (insbesondere Dido- oder Laokoon-Episode)

Biographie der Autoren
    Heranziehen der Lebens- und Zeitumstände zum Verständnis der Texte und der Aussageabsicht; Selbstverständnis der Autoren

1 Spracharbeit

Durch systematische Wortkundearbeit, selbständigen Umgang mit dem Lexikon und vor allem durch kontinuierliche Wortschatzerweiterung bei der Autorenlektüre entwickeln die Schüler ihre Wortschatzkompetenz; dazu trägt auch bei, daß sie den Bedeutungsumfang römischer Wertbegriffe kennenlemen. Im Zusammenhang mit dem Text wiederholen sie wesentliche syntaktische Strukturen, lernen aber auch autoren- oder gattungsspezifische Besonderheiten im Satzbau kennen.

lektürebegleitende Wortschatzerweiterung
staatspolitischer und juristischer Wortschatz; Wörter und Wendungen aus der gesprochenen Sprache und dem Alltagsleben (z.B. basium)
Zusammenstellen (Vokabelheft) und Lernen u.a. von Wörtern und Wendungen, die für die jeweiligen Sachverhalte und Gattungen typisch sind
häufige Verwendung von Intensiva bzw. Incohativa bei Sallust, dazu Nebenformen wie uti, fore; Deminutiva bei Catull und Martial Beobachten von Besonderheiten im Wortschatz einzelner Autoren
systematische Anleitung zu selbständigem Arbeiten mit Lexikon, Wortkunde und Grammatik selbständige Übungen wie Erschließen von Wortbedeutungen mit Hilfe der Wortbildungslehre (-» mFs), Informieren über den Bedeutungsumfang zentraler Begriffe (-> D11: Übungen zur Begriffserklärung), Ermitteln kontextbezogener Wortbedeutungen; Zuhilfenahme der Wortkunde beim, Wiederholen von Wörtern; Klären grammatischer Fragen
Wiederholung wesentlicher sprachlicher Erscheinungen im Zusammenhang mit der jeweiligen Lektüre immanentes und systematisches Festigen der Formenlehre und wichtiger syntaktischer Erscheinungen
Identifizierung und Analyse syntaktischer Strukturen Untersuchen syntaktischer Besonderheiten, z.B. bewußter Wechsel von Parataxe und Hypotaxe, Inkonzinnität und Ellipse bei Sallust, Wortstellung bei Dichtern; graphische Satzanalysen (u.a. Periodenbau bei Cicero)

2 Textarbeit

Mit zunehmender Sicherheit üben sich die Schüler im Übersetzen und Interpretieren anspruchsvoller lateinischer Texte. Die Lektüre einer Rede Ciceros vermittelt ihnen einen Eindruck von der Wirksamkeit, aber auch von den Gefahren der Rhetorik und schärft ihren Blick für die Strategien sprachlicher Beeinflussung. Anhand einer historischen Monographie Sallusts Wird ihnen deutlich, wie Wertvorstellungen und politischer Standort eines Autors die Darstellung geschichtlicher Vorgänge beeinflussen. Beide Autoren sollen die Schüler auch dazu anregen, über Motive und Prinzipien politischen Handelns nachzudenken und ihren eigenen Standpunkt darzulegen (-» P). Zugleich lernen sie, antike rhetorische und historische Texte als bewußt gestaltete literarische Werke zu würdigen. In Catulls und Martials Gedichten stehen .menschliche Empfindungen und Erfahrungen im Mittelpunkt, die auch Jugendliche der heutigen Zeit unmittelbar ansprechen.

Übersetzung und Erschließung anspruchsvoller Texte (-» D11: Erschließung poetischer Texte, Analyse anspruchsvoller nichtpoetischer Texte) Übersetzen nach verschiedenen Methoden; Vergleich mit modernen Übertragungen; Besprechen von grundsätzlichen Problemen der Übersetzung (-» D, mFs; -» DS) Zusammenfassung und Paraphrase; Gliedern und Herausarbeiten des Gedankenganges; Erarbeiten des Aufbaus anhand von Wortwiederholungen und Leitwörtern
stilistische Analyse anhand von Leitfragen sprachlich-stilistische Besonderheiten (Erweiterung und Vertiefung; u.a. brevitas, Archaismen, Inkonzinnität); unterschiedliche Stilebenen (-» D, mFs) Erkennen und Zusammenstellen-von sprachlichen (z.B. Deminutiva) und syntaktischen Eigentümlichkeiten (z.B. Fehlen gedanklicher Verknüpfungen) bei einzelnen Autoren; Überlegungen zum Zusammenwirken von Sprache, Inhalt und Form
inhaltliche Interpretation anhand von Leitfragen (-» D, mFs) sachliche Erläuterungen; Nachvollziehen von Argumentationslinien; Beschreiben des Bedeutungsinhalts von Leitbegriffen
wichtige Metren
Hendekasyllabus, Hinkjambus; Wiederholung und Vertiefung des elegischen Distichons
Erkennen und Lesen; metrische Analyse (Distichon); Untersuchen der Beziehungen zwischen Syntax und Vers; Erkennen und Beschreiben der Wechselwirkung zwischen metrischer Gestaltung.und Inhalt
antike literarische Gattungen (-» D, mFs) Tradition und Konvention der behandelten Gattungen; die Wahl der Gattung als Ausdruck der Intention des Autors Herausarbeiten von Zusammenhängen zwischen den Darstellungsabsichten der Autoren und den Erfordernissen der Gattung
- die antike Gattung Rede
genera dicendi; partes orationis; Adressatenbezug (Hörer/Leser)
Bestimmen von Redegattung und Stilebene; Herausarbeiten von Aufbau und Redestrategie; Analysieren sprachlich-stilistischer Mittel der Auf- und Abwertung (-» D); Vergleich, mit modernen Reden (-» mFs; -» ME)
- die antike Gattung Geschichtsschreibung
Anlaß und Zielsetzung (memoria rerum gestarum)
Verstehen der Eigenart antiker Geschichtsschreibung; Erkennen von Unterschieden zwischen antiker und moderner Geschichtsschreibung (-» G)
historische Monographie
exemplarische Darstellung eines krisenhaften Ereignisses; Abweichen vom annalistischen Prinzip; Bauelemente (Prooemium, Exkurs, Charakteristik, Rede u.a.)
Untersuchen der Funktion einzelner Bauelemente; Erfassen des Werks als bewußt gestaltete künstlerische Einheit
- die antike Gattung Brief
charakteristische Formelemente und stilistische Merkmale; persönliche und literarische Briefe; Briefe als biographische, historische und kulturgeschichtliche Quellen
Kennenlernen verschiedener Formen und Schreibanlässe; Bestimmen von Sprecherabsicht und Adressatenbezug (-» D)
- die antike Gattung Epigramm
Herkunft der Gattungsbezeichnung; Aufbau und sprachliche Gestaltung (Erwartungsteil, Pointe; Wortspiele, Antithetik u.a.)
Klären des Begriffs Epigramm; Analysieren der Epigrammtechnik
- Formen römischer Dichtung
Möglichkeiten der kurzen Form (-> D11) in Catulls carmina
eingehende Beschäftigung mit sprachlich und formal ausgefeilter Dichtung; Finden von Bezügen zwischen der jeweiligen Thematik und der Wahl des Metrums; Überlegungen zu Anlaß und Grundstimmung einzelner Gedichte (-> K11: Mensch und Welt in der Literatur); Wertung und Stellungnahme
Textvergleich, z.B.
- motivgleiche bzw. -ähnliche Gedichte von Catull, Ovid und Martial
- Texte verschiedener Autoren zu Themen wie "Rom und die Christen", "Aspekte der humanitas"
Vergleichen unter Berücksichtigung der gewählten Textsorte und Entstehungszeit; Erfassen der Intention des jeweiligen Autors; Wertung und Stellungnahme
"lebendiger Text" und produktive Rezeption Aktualisierung der Texte, auch Parodien (-» MB) (-» D11: gestalterische Formen des Schreibens); ggf. Dramatisieren einzelner Szenen, bildnerische Umsetzung (-» Ku)

3 Antike Kultur und ihr Fortleben

Die Schüler gewinnen Einblick in Ursachen und Auswirkungen politischer Krisen im römischen Staat. Sie lernen unterschiedliche Interpretationen und Bewertungen dieser Vorgänge kennen und erfassen die zentrale Bedeutung bestimmter Wertbegriffe. Sie verstehen, welche herausragende Bedeutung die Redekunst in der römischen Gesellschaft hatte, und erfahren, daß die antike Rhetorik bis in die Gegenwart fortwirkt. Die Dichterlektüre vermittelt ihnen auch eine Vorstellung von der Rolle des Dichters in der römischen Gesellschaft und zeigt, inwieweit römische Dichtung griechischen Vorbildern verpflichtet ist. Indem sich die Schüler mit den vielfältigen Nachwirkungen von Stoffen und Motiven der römischen Dichtung befassen, wird ihnen der prägende Einfluß der klassischen römischen Literatjir auf die europäische Kunst bewußt (-» EU).

der römische Staat in Krisenzeiten
soziale und gesellschaftIiche Konflikte"Unruhen und Putschversuche im 1. Jh. v. Chr.; Schwächung der republikanischen Verfassung zur Zeit der Bürgerkriege; Konzentration der Macht auf einzelne Persönlichkeiten (Marius, Sulla, Pompeius, Cäsar, Augustus u.a.)
Aufzeigen von Ursachen für die Aushöhlung republikanischer Verfassungsprinzipien (-» G11); Vergleich mit Ereignissen aus anderen Epochen (-» G)
Einstellungen zu Staat und Geschichte (-» K11; -» P)
Verhältnis einzelner Literaten zum römischen Staat bzw. zu führenden Repräsentanten; Deutungen der Entwicklung des römischen Staatswesens die Bedeutung und das Fortwirken der Rhetorik
Grundbegriffe des rhetorischen Systems (offcia oratoris); das ideal des Redners und die damit verbundene politische Verantwortung (-» K10, Ev10, Eth10; -» W); der Niedergang der Redekunst in der Zeit des Prinzipats; die rhetorische Tradition (z.B. septem artes liberales) (-» EU)
Herausarbeiten und Erklären der Haltung verschiedener Autoren (Engagement, Distanz, Kritik); Erläutern des Zusammenwirkens von politischen, historischen und religiösen Vorstellungen (-» W); Ermitteln der in der Geschichte wirkenden Faktoren Auseinandersetzung mit den antiken Vorstellungen; Erkennen von Zusammenhängen zwischen der Redekunst und den politischgesellschaftlichen Gegebenheiten (-» Sk10; -» P); der Stellenwert der Rhetorik in der modernen Gesellschaft (-» D; -» ME)
Wertbegriffe wie virtus (-» K11; -» W)
die Bedeutung von Idealen des konservativen Römertums ("Römertugenden", mos maiorum); der Verfall politisch-moralischer Wertvorstellungen (luxuria, avaritia)
Erfassen des Bedeutungsumfangs einzelner Begriffe; Erläutern der politisch-historischen Hintergründe; Überlegungen zum Wertewandel; kritische Beurteilung
das Weiterleben von Stoffen und Motiven der römischen Dichtung in Literatur, Kunst und Musik (-» D, mFs, Ku11, Mu; -» EU, MB), z.B. - motivgleiche Epigramme der Weltliteratur (z.B. Schiller, Mörike)
- die allegorische Darstellung der Tugenden in der Kunst
- die Rezeption der carmina Catulls (z.B. Carl Orff, Jan Novák)
ggf.
die Auseinandersetzung christlicher Autoren mit der Antike (-» K- -» W)
und/oder
- Einzelmotive aus der römischen Dichtung in der mittelalterlichen Literatur
und/oder
das Wiederaufleben der Antike im Humanismus
Klären des jeweiligen Zusammenhangs; Erläutern der Gründe für die Rezeption; Vergleich und Wertung; Anregung zu eigener Lektüre, zu Museums- und Theaterbesuchen (-» FZ)