Anekdote von seinen Schülern: A.schlief kaum. Er nahm
nämlich, wenn er sich zur Ruhe legte eine eherne Eisenkugel in die Hand, unter
der eine Schüssel aufgestellt war. Sie fiel dann, sobald sich die Glieder im
Schlaf entspannten in die Schüssel. Seine Schüler zog A. streng zur Mitarbeit
heran, wodurch sich erstmals in der abendländischen Geschichte eine
organisierte Forschergemeinschaft bildete.
Aufgrund böser Intrigen mußte er die Stadt 323 verlassen und zog nach Chalkis,
wo er 322 verstarb.
Unbekümmert um sich selber und um sein persönliches Schicksal, hat er sein
ganzes Leben der Erforschung von Dingen gewidmet.
Die Zweiweltenlehre Platons leuchtete
Aristoteles nicht ein, da er nicht verstand, wie hier die unwahre Welt der
sichtbaren, vergänglichen Einzeldinge, dort die wahre Welt der ewigen Ideen
sein könne.
Aristoteles fragt also, wie die Ideen, wenn sie die Wesenheiten der Dinge sind,
getrennt von diesen existieren können.
Er holt die Ideen aus ihrer Abgesondertheit zurück und pflanzt sie mitten in
die von uns wahrnehmbaren Einzeldinge (Aufwertung der Sinneswahrnehmung, es sind
keine Schatten wie im Höhlengleichnis) hinein, und zwar als aktive Wesenheiten,
die die Gestalten der Einzeldinge hervorbringen und formen.
So werden aus transzendenten Ideen immanente Formen.
Zielgerichtet gemäß ihrer Formen und ihren Anlagen entwickeln sich die
Einzeldinge aus eigener Kraft heraus. Dadurch wird die Materie gegenüber Platon
aufgewertet. Dies alles fällt unter den Begriff der Metaphysik.
Metaphysik
= das was nach der Physik studiert wird. ( A. schrieb nach dem Werk über Physik
das über Metaphysik und prägt dadurch diesen Begriff).
Die Form braucht die Materie, um sich an ihr ausprägen zu können und die
Materie die Form damit die in ihr ruhenden Möglichkeiten verwirklicht werden.
Aus der in die Materie versenkten Form Menschheit wird dabei immer wieder ein
Mensch und kein Vogel. Die vielen Ausprägungen der Form fallen ganz individuell
aus.
Das Prinzip der Form als bewegende zielgerichtete innere Wesenheit eines
Seienden nennt A. auch Entelechie ( = Ziel und Vollendung in sich haben).
Das Seiende will das in ihm bereits vollständig angelegte Ziel seiner Wesenheit
aus sich herausbringen, es entwickeln, es in der Materie zur individuellen
Erscheinung bringen. Jedes Einzelding strebt also danach, das zu werden, was es
der Entelechie nach ideell (seinem Allgemeinbegriff nach, z.B.
Mensch, Hund, Palme) schon immer ist. Der Mensch muß wahrhaft zum
Menschen werden, was seine eigentümliche Bestimmung ist. Mit diesem Gedanken
wird A. zum Ahnherren des Humanismus.
Der Mensch unterscheidet sich dabei von den Tieren dadurch, daß er ein
vernunftbegabtes Wesen ist, wobei ihn in erster Linie Sprache und Denken
ausmachen.
Alles Seiende ist unterwegs von der Möglichkeit zur Wirklichkeit, so gilt die
Gleichung Stoff = Akt: Potenz (Bsp. Samen - Baum)
Das dynamische Ineinander von Form und Materie macht die wesentliche Struktur
des Seins in seiner Gesamtheit aus. A.s Philosophie entdeckt somit die
"Prinzipien und Ursachen des zweckmäßigen Weltwerdens".
Im Sein als solchem liegt eine immerwährende, unabschließbare Bewegung hin zur
Vollkommenheit, zum Guten. Die Seele definiert Aristoteles als Bewegungsprinzip
des Leibes, was bedeutet, daß auch Pflanzen und Tiere eine Seele haben.
Ferner: " Der Mensch ist ein Wesen, das auf ein Ziel gerichtet ist",
und dieses Ziel ist im Letzten das Gute, wonach der Mensch sein Leben ausrichten
soll, und zwar sowohl im privaten Bereich als auch in der Gemeinschaft, im
Staat.
Der Mensch hat dabei allein die Verantwortung für sein Tun, und diese geschieht
vor der Gemeinschaft und natürlich vor dem Gewissen.
Gottesvorstellung
Letzter Grund für dieses Streben ist der göttliche Geist (nous), zu dem sich
alles hinsehnt. Dieser Gott, zu dem sich alles hinsehnt, bewegt die Dinge, die
dann das übrige bewegen. Dieser Gott ist keine Person und kein Schöpfergott,
sondern wird quasi als unbewegter Beweger tätig, weil ihm eben keine
Stofflichkeit, keine Potentialität beigemischt ist.
Die Tätigkeit dieses Gottes, der quasi Geist - Leben ist, ist Denken, nicht
Handeln.
Um die Welt kümmert er sich nicht (kein Schöpfergott). Als das Vollkommenste
kann er nur das Vollkommenste denken: Gott denkt sich selbst, und darin besteht
seine Seligkeit. Die Spitze der Welt stellt also das reine Denken des Denkens
dar.
Logik im Zusammenhang mit Weltordnung bzw. Sein
Für Aristoteles steht fest, daß die Welt auf eine sinnvolle Art und Weise
rational geordnet und daher für den Menschen auch rational erkennbar ist.
Hierbei entspricht der Logik des Seins gewissermaßen die Logik des Denkens.
Wer daher unlogisch denkt , z.B. falsche Schlüsse zieht, der denkt an jeder Art
des Seienden vorbei, der kann nicht die Wahrheit sagen.
Was ich logisch nicht richtig denke, das kann auch nicht sein.
Deshalb untersucht Aristoteles alle Strukturen des Denkens, die beim Bilden von
Begriffen, beim Fällen eines Urteils, bei Schlußfolgerungen eine Rolle
spielen. Aristoteles entwickelt das System der Analytik, deren Kernstück die
Lehre von den Schlüssen darstellt.
z.B. Alle Menschen sind sterblich. Aristoteles ist ein Mensch. Das sind zwei
Prämissen, aus denen folgendes Urteil, genannt Konklusion abgeleitet werden
kann: A. ist sterblich.
Es kann dabei auch ein falscher Schluß (Syllogismus) gezogen werden, wenn
verwendete Begriffe z.B. doppeldeutig verwendet werden.
Das oberste Prinzip der Richtigkeit ist der Satz des Widerspruchs:
Es ist unmöglich, daß etwas gleichzeitig sei und nicht sei. Dies ist ein
unbeweisbares Axiom, das aber allen Beweisen zugrunde liegt. Aristoteles nennt
es das sicherste unter allen Prinzipien.
Rhetorik
Versuch eine wissenschaftliche u. praktische Anleitung der Redekunst zu geben.
Themen: die Gattungen der Rede u. der sprachliche Ausdruck; Behandlung der
Affekte im Zuhörer.
Poetik
= Lehre von der Dichtkunst; hierin handelt er vom Wesen der Tragödie, Komödie
u. Epos, die zum Teil zeitlose Geltung haben.
Im Peloponnesischen Krieg Ende des 5.Jhdts. gewann Sparta die
Vorherrschaft, Athen verlor nach außen an polit. Bedeutg. Machtkämpfe u.
Wechsel d. Reg.formen beschleunigten den innenpolit. Niedergang Athens.
Nach dem Pel. K. herrschten in A. 30 Tyrannen. Wachsender Einfluß Siziliens,
vorübergehende Vorherrschaft Thebens über Griechenland, größte Bedtg.
Makedonien unter den Kg. Phillip u. Alexander, der die griech.Sprache bis nach
Indien brachte. Das Griechische wird kosmopolitisch.
Weitere Verbreitung des Griechischen (Sprache; Leistungen in Naturwissenschaft
und Technik (wozu Arist. viele Anstöße gab)) erfolgte durch den Hellenismus,
unter Alexander dem Großen.
Aristoteles hat von seinen Schülern die Verfassungen von 158 Staaten seiner
Zeit sammeln lassen, wovon uns als einzige die athenische mehr bekannt ist.
Aristoteles trifft die Feststellung, daß, wer über die Frage der besten Staats
Verfassung handeln wolle, zunächst definieren müsse, was denn die
erstrebenswerteste Form menschlichen Lebens sei.
(nikomachisch, da der Sohn A.s, Nikomachos, dies Schrift herausgegeben haben soll)
Das höchste Gut, das wir Menschen auf dem Wege des
aktiven Handeln erreichen können, ist das Glück, das um seiner selbst willen
erstrebt wird.
Dieses Glück ist ein Tätigsein der Seele im Sinne der ihr wesenseigenen Tugend
und Tüchtigkeit, wobei zwischen der des Verstandes (dianoetisch), und der des
Charakters (ethisch) unterschieden wird.
Die Verstandestugenden erreiche der Mensch meist durch Lehre, die
charakterlichen Tugenden aber durch Gewöhnung (Ethos).
Die Tugend liegt hierbei in der Mitte (d.h. weder zuviel , noch zu wenig; z.B.
Tapferkeit zwischen Angst u. Tollkühnheit), was der Grundlehre der Ethik des
Aristoteles entspricht. Ein wertvoller Mensch bestehe aus sittlicher Einsicht
und charakterlicher Tugend.
In der Nikomachischen Ethik wird nicht nur das ethische Ideal des Aristoteles
dargestellt, sondern auch Gerechtigkeit und Unrecht untersucht, was Fragen nach
Gleichheit oder dem Wesen der Proportionen der Verhältnisse beinhaltet.
Ferner handelt sie vom Wesen der Freundschaft. Echte Freundschaften gäbe es
hierbei nur in guten Staaten, niemals in einer tyrannischen Diktatur. Ein
sittlich hochstehender Mensch ist bereit, sich für seine Freunde einzusetzen
und im Notfall sogar sein Leben für sie zu lassen.
Im letzten Kapitel der N.E. spricht A. noch einmal vom Glück, wobei das tiefste
Glück ein " Leben in Gesundheit, das die aktive theoretische Schau
durchführt" ist.
Nach dieser Definition spricht A. von der Verfassung des Staates, die dieses
Glück möglich macht; es ist also eine direkte Überleitung zur Politik.
"Der Mensch ist ein Wesen, das auf die Gemeinschaft in
der Polis angelegt ist", er kann und darf also keinesfalls als
Einzelgänger leben, sondern er ist ein gemeinschaftsgebundenes und - bezogenes
Wesen. Die Gemeinschaft ist hierbei um des Menschen willen da und alle Politik,
was ja das Tun der Gemeinschaft ist, muß sich dabei nach dem sittlichen Ziel
des Menschen, der wahren Glückseligkeit richten.
Theorie und Praxis
Aristoteles unterscheidet zwischen drei Lebensformen des Menschen: dem reinen
Genußleben, dem politischen Leben und dem Leben aus der Schau oder der
Kontemplation.
Dass für ihn die kontemplative Schau höher steht als die reine Aktivität ist
dadurch verständlich, da für ihn Gott, der unbewegte Beweger, die " reine
kontemplative Schau" ist.
In der Praxis des politischen Lebens ereignet sich die Glückseligkeit, weil die
Gedanken und Betrachtungen praktischer Natur " um ihrer selbst willen
angestellt werden und in sich selbst ihr Ziel haben". So ist das
praktisch-tätige politische Leben ein Selbstzweck.
Im politischen Leben muß es also sowohl Aktion als auch Kontemplation geben;
d.h. Theorie und Praxis müssen nach A. immer einen Bezug zur alltäglichen
Politik der Gemeinschaft haben.
Politik und Praxis gehören also zusammen, sind aber angewiesen auf die Theorie!
Der Staat Glückselig nach A. ist der, der sein Ziel in der
Kontemplation nicht außer Augen läßt, sich aber den praktischen Anforderung
des Lebens und der Politik nicht verschließt.
Deshalb hat der Staat für A. die Aufgabe, den einzelnen zu Glückseligkeit zu
führen.
Wie der sittlich beste Mensch der glückseligste ist, so ist auch ein Staat nur
dann glückselig, wenn er bestens funktioniert. Nur dann kann er den Menschen zu
seinem Ziel führen.
Der Staat hat dabei die Aufgabe der Fürsorge und des Befehlens. Der höchste
Zweck des Staates ist nicht etwa die bloße Ermöglichung für den Menschen zu
leben, sondern daß der Mensch "gut" lebt.
Ein guter Mensch ist dabei aber nicht immer zwangsläufig auch ein guter
Staatsbürger.
Allg. definiert A. den Staat als eine Gemeinschaft von Gleichen und damit als
eine Gemeinschaft von Bürgern. Er unterscheidet dabei jedoch zwischen
Vollbürgern (alle Rechte), Fremden (keine Rechte, keine Pflichten) und
Halbbürgern (müssen für Staat arbeiten - Pflichten für Gemeinschaft). Hierin
besteht eine Parellele zur Ungleichheit innerhalb der Familie ( Vater - Kind,
Gatte - Gattin, Herr - Sklave).
Merkwürdig: Es gibt nach A. nur Sklaven von Natur aus, er denkt nicht daran,
daß einem Sklaven einmal die Freiheit zugestanden werden könne.
Erst Stoiker u. Christen lehrten später unabhängig voneinander, daß der
Unterschied zwischen Herr und Sklave nicht gültig sein könne, da beiden die
Eigenschaft des Menschseins eigen sei.
Das Recht hält Staat und Mensch
zusammen.
In Wahrht. ist das Recht "die Gleichheit für die Gleichen und die
Ungleichht. der Ungleichen.
Hierdurch hat A. die Grundlagen d. modernen Rechtsstaats festgelegt (Vgl.
Bu.verf.gericht: Gleiches soll gleich, Ungleiches seiner Eigenart gemäß
verschieden behandelt werden.)
Verfassungslehre und Mischverfassung
A. sagt:
" Wenn einer oder die Wenigen oder auch die Masse ihre Herrschaft zum Wohle
der Allgemeinheit ausführen, dann sind dies zweifellos gute Verfassungen;
Entartungen sind dann gegeben, wenn die Herrschaft einzig dem Wohle des jeweils
Herrschenden dient, möge dies einer wenige oder die Masse sein."
Verfassungsformen
Aristoteles unterscheidet sich zuerst einmal dadurch von den anderen
Theoretikern der Antike, daß er die Demokratie als Entartung ansieht, an deren
Stelle die Politie (Verfassung schlechthin) treten soll.
Gute Verfassung | entartete Verfassung |
Monarchie | Tyrannis |
Aristokratie | Oligarchie |
Politie | Demokratie |
Wirtschaft
Bereits die Politie stellt einen
Ausgleich zw. Arm u. Reich dar, was folglich auf einem ökonomischen Prinzip
beruht. A. führte den Begriff des Monopols in die griech. und damit in alle
Sprachen ein und definierte wahren Reichtum:
= "die richtige Menge von Werkzeugen und Mitteln für die Haus- und
Staatshaltung."
Die Relativität des Geldes
Arist. traf folgende Aussage, die den Wert des Geldes und allen materiellen
Reichtums relativiert:
"Geld, das ist nur ein nichtssagendes Wort, das da festgelegt wurde; bei
einer Geldreform ist das bisherige Geld nichts mehr wert, so daß einer mit viel
Geld doch keine Lebensmittel mehr besitzt: Wie aber kann das ein Reichtum sein,
bei dessen vollem Besitz ein Mensch Hungers stirbt?"
Nicht materieller Reichtum ist also das Ziel des Einzelnen wie auch des Staates
insgesamt, das Ziel ist vielmehr die Glückseligkeit ( die sich nicht kaufen
läßt).
Nina Günther, Abiturjahrgang 1999/ 2001 im LK Latein 13 / II
Quellen:
Hirschberger Philosophiegeschichte
Rausch, Heinz, Politische Denker, Bd.1, S.33-45
Weischedel, Die philosophische Hintertreppe ( Die großen Philosophen in Alltag
und Denken), 28. Auflage, dtv, S. 50-60